Ein Barabend. Gäste kommen und gehen, trinken, rauchen, finden sich zusammen oder bleiben allein. Die Bar füllt sich, die Bar leert sich. Am Ende: Die Abrechnung.
Auf je einem A5-Blatt hält Christel Fetzer den Verlauf einer Nacht zeichnerisch fest. Ihre Schicht hinter der Bar beginnt sie mit der immer gleichen Handlung: In Vogelperspektive skizziert sie die Theke im Zentrum als abgerundetes Viereck und die im Raum arrangierten Tische in Form einzelner Linien. Der Abend beginnt, das Blatt füllt sich. Zahlen, Namen, sich überlagernde Kürzel, Kritzel und Markierungen geben Aufschluss über wechselnde Positionen, Personen, ihr Trinkverhalten und ihre Begegnungen, über offene und bezahlte Rechnungen. Schicht für Schicht fixieren sich die fluiden Konstellationen in der rasterhaft angelegten Struktur des Raumes.
In der Aneinanderreihung der konzeptuellen Zeichnungen aus den letzten drei Jahren entsteht ein chronologischer Bilderzyklus. Zeit und Routinen, Arbeit und Freizeit werden in ein abstraktes Zeichensystem überführt und gleichermaßen archiviert – wie auch die Auswirkungen der Pandemie: Steigende und fallende Inzidenzen bilden sich ab in der spezifischen Dichte der einzelnen Blätter. Die akribische Wiederholung des nächtlichen Zeichnens spiegelt Christel Fetzers routinierte Handlungsmuster als Künstlerin und Barfrau, beeinflusst von individueller Bewegung und gesellschaftlicher Entwicklung.
Magdalena Mai