Martin Maeller

Pathologically Bored

Opening: Friday, 2. February 2018, 6 – 9 PM

02.02.2018 – 15.03.2018

Bored: Im Schaufenster liegt ein schwarzer Bodenbelag aus Gummi mit Noppen, eine rutschfeste Oberfläche. An der Scheibe kleben Motten und Falter. Der Titel der Ausstellung lautet Pathologically Bored. Melancholie und Langeweile: „As flies to wanton boys, we are to the gods; They kill us for their sport“, heißt es in Shakespeares King Lear über die Gemeinsamkeiten von Insekten und Menschen. Georges Bataille schreibt: „Es gibt für den Menschen nichts Wichtigeres als zu erkennen, dass er dem, was ihn am meisten ekelt, eng verbunden, ja ausgeliefert ist.“

Die toten Seelen: Der Falter hat keinen wichtigen Platz in der christlichen Ikonographie. Aber dafür ist er ein alter Bekannter aus der Antike. Sinnbild der toten Seelen: Zephyr, der Gott des Winds, verleiht Psyche — griechisch für Seele — in Apuleius’ „Amor und Psyche“ Flügel. Auf Französisch heißt die Motte: papillon de nuit, der Nachtschmetterling. Der Falter fliegt bei Nacht, wie der schwarze Gegenspieler des Schmetterlings.

Die Falter fliegen nicht mehr: Der symbolische Gehalt lässt die Geste nicht vergessen. Der Gedanke an zerdrückte Insekten lässt einen nicht mehr los. Oder genauer: an den Prozess, der zu der Komposition geführt hat. Lustgrusel stellt sich ein. Die Insekten, sonst Störfaktoren und Metaphern für semantische Instabilität, stehen still. Wie tote Fliegen, die man zwischen zwei Buchseiten findet.

Crush fetish: Der platzende Körper, besonders von Insekten, ist das Objekt dieser Paraphilie. Der Crush-Fetischist identifiziert sich mit dem — zumeist von einem Frauenfuß — zertretenen Insekt. Der Fetischist sieht sich selbst als Opfer und opfert sich. Bataille sieht das Formlose im zerquetschten wirbellosen Tier. Es verliert die Substanz und wird zum Fleck: Ästhetik und Antiästhetik. Was keine Form hat, überfordert — wie eine Variation des Kantschen Erhabenen. Das Opfer, schreibt Bataille, ist der Erotik und der Religion gemeinsam. Und, möchte man ergänzen, der Kunst.

Text: Philipp Hindahl

martinmaeller.com